Binders Elektronikschule 1
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- Geschrieben von Christian Rückert
26.10.2017 | Worauf es bei Fiducials / Passermarken ankommt
Fiducials, Fiducial Marks/Markers, oder deutsch Passermarken, sind seit der Automatisierung der Elektronikfertigung nicht mehr wegzudenken. Ohne die kleinen „Markierungen“ lässt sich eine Baugruppe nur sehr schwer automatisiert verarbeiten. Wir wissen wovon wir sprechen, bekommen wir doch hin und wieder Boards ohne oder mit unbrauchbaren Fiducials.
Der Trend zu Miniaturisierung hat die Anforderungen an gute Fiducials noch einmal verstärkt. Im folgenden Text geben wir Ihnen Tipps zur Gestaltung und Platzierung von Fiducials, sowie Erklärungen warum Fiducials notwendig sind.
Was sind eigentlich Fiducials?
Passermarken sind "Erkennungspunkte" auf der Leiterplatte oder dem Nutzen. Meist sind es einfache Kupferstrukturen, die von Lötstopplack freigestellt wurden.
Passermarken können nicht im Lötstopplack vorgesehen werden! Dieser hat keine definierte Position zu den Kupferstrukturen.
Wozu dienen Fiducials?
Fiducial Marks sind notwendig um Maschinen die genaue Position von Bauteilen „mitzuteilen“.
Dazu muss man verstehen, dass jede Leiterplatte ein Koordinatensystem darstellt. Die Bauteile (und andere Strukturen) erhalten im Layout-Programm jeweils eine Position. Diese Daten werden zur Programmierung von Bestückungsautomaten, Lotpastendrucker, AOIs usw. eingesetzt.
Aber woher weiß der Automat wo sich X=129, Y=47 befindet? Die Koordinaten der Bauteile sind relativ zu Ihrem Bezugssystem, der Leiterplatte.
Daher nutzen die meisten Maschinen eine optische Ausrichtung. Eine Kamera sucht Strukturen, die sie eindeutig erkennen und eine Position zuweisen kann. Das sind die Fiducials. Damit lassen sich dann auch alle anderen Positionen sehr genau und wiederholbar finden.
Design von Fiducials?
Passermarken sollten stets vom Lötstopplack freigestellt sein. Die meisten Kameraeinheiten sind auf die so entstehende Optik ausgerichtet.
Die Fiducials sollten nicht zu klein oder zu groß sein. Beide Extreme führen zu unzuverlässiger Erkennung in der Serienfertigung. Bewährt haben sich Strukturen von ca. 1-1,6mm (Durchmesser oder Kantenlänge). Die dazugehörige Lötstoppfreistellung sollte ca. doppelt so groß sein, also ca. 2-3,2mm.
Bei der Form der Passermarken steckt man in einer gewissen Zwickmühle. Die Form sollte eindeutig sein, also nicht mit einer anderen Struktur auf der Leiterplatte zu verwechseln. Das betrifft zumindest den räumlich nahen Bereich um die Fiducial Marks. Werden hier zum Beispiel Testpunkte platziert kann es zu Fehlerkennungen kommen.
Trotz dieser Herausforderung raten wir zu runden Strukturen oder quadratischen. Diese kann man auch gerne mischen, also eine Marke rund und die andere quadratisch ausführen. Von anderen Strukturen wie Kreuzen, Ringen, Dreiecken oder Rauten raten wir ab. Die Erfahrung zeigt, dass manche Anlagen Schwierigkeiten haben solche Strukturen zuverlässig zu erkennen.
Anzahl und Position von Fiducials
Unsere Meinung: Lieber eine Passermarke zu viel als zu wenig!
Als Minimum sind zwei Passermarken pro Bestückungseinheit, also Nutzen oder Leiterplatte, anzusehen. Das sind die sogenannten Global Fiducials. Ideal werden diese diagonal in den Ecken angeordnet. Somit können über nur zwei Punkte X/Y-Position und Verdrehung korrigiert werden.
Drei Marken können auch noch beim Ausgleich von Streckungen oder Verzug helfen.
Fiducials sollten nicht zu dicht an den Rand der Leiterplatte/Nutzen gesetzt werden, damit sie nicht von den Aufnahmen der Maschinen abgedeckt werden. Für diese mechanische Klemmung stets einen Rand von 5mm auf der längeren Seite freihalten.
Ähnliches gilt für Bauteile, auch hier sollten die wichtigen Marken nicht nach der Bestückung verdeckt sein. Die Nähe zu Testpunkten, Pads und anderen Strukturen wurde oben schon mal angesprochen, wenn möglich wird mit verwechselbaren Strukturen ein Abstand von mehreren Millimetern eingehalten.
Auf Nutzen empfehlen wir zusätzliche Fiducials auf den einzelnen Leiterplatten vorzusehen.
Bei Bauteilen deren Positionierung sehr kritisch ist, kann es sogar sinnvoll sein lokale Marker ("local fiducials") einzusetzen. Damit ermöglicht man das separate Anfahren der lokalen Marken und damit u.U. eine höhere Platziergenauigkeit. Das kann auch bei großen flexiblen Substraten sinnvoll sein, da diese teilweise einem internen Verzug unterliegen.
Fiducials auf der Rückseite der Baugruppe sind nur notwendig, wenn dort auch Prozesse (Bestücken, Kleben, usw.) durchgeführt werden.
Fiducials in der Datenausgabe
Wie genau man die Fiducials Marks im Layout realisiert ist sicherlich von der eingesetzten Software abhängig. Hier wollen wir keine Empfehlungen aussprechen, Entwickler wissen meist wie sie die Anforderungen in ihrer Umgebung am besten umsetzen.
Wichtig ist, dass die Fiducials auch in verschiedenen Datenausgaben auftauchen. Ansonsten lässt sich der Bezug der Bauteilpositionen zu den Marken nur sehr schwer wiederherstellen.
Passermarken sollten, zusätzlich zu Kupfer und Löststopplack, in folgenden Datensätzen angelegt sein:
- Lotpaste
- Pick&Place Daten (als Bauteil)
- Bestückungsplan
In den Lotpastendaten erscheint die Einbindung der Passermarken vielleicht erstmal nicht logisch, sollen diese doch nicht bedruckt werden. In der Vergangenheit wurde auch häufig der Hinweis gegeben, die Passermarken nicht mit in die Lotpastendaten zu übernehmen.
Allerdings lassen sich mittlerweile Lotpastenschablonen an den entsprechenden Stellen per Laser markieren (nicht durchlöchern) und bieten so eine ideale Basis für die Ausrichtung der Schablone. Für unseren Jetprinter sind Fiducials ohnehin unumgänglich, weil nicht wie bei Schablonen die Überlagerung zwischen Öffnung und Pad geprüft werden kann.
In den Pick&Place Daten sollten die Fiducial Marks immer enthalten sein (als Bauteil) um bei der Programmierung der Bestückungsautomaten die korrekten Bezüge zu den Bauteilpositionen herzustellen.
Im Bestückungsplan sind die Fiducials eine Hilfe bei der Orientierung, wenn doch mal ein manueller Eingriff notwendig wird.
Fiducials und der Ursprung
Bei der Layout-Entwicklung taucht manchmal die Frage auf wohin man denn den Ursprung (origin), also den "Nullpunkt", der Leiterplatte am besten setzt.
Grundsätzlich gibt es hier keine "richtige" Antwort: Viele Varianten sind möglich und werden in der Praxis auch verwendet.
Bewährt hat sich aus unserer Sicht die Festlegung der unteren linken Ecke der Leiterplatte. So fällt es den meisten Leuten leicht sich auf der Leiterplatte zu orientieren, wenn manuelle Eingriffe notwendig sind.
Natürlich kann man auch auf ein Fiducial in diesem Bereich den Ursprung festlegen. Das hat im Bereich der Programmierung teilweise sogar Vorteile.
Bei zwei Fiducials hat sich auch eine Platzierung in der linken unteren und rechten oberen Ecke bewährt. Diese Anordnung ist ausgehend von einem Ursprung "unten links" am einfachsten zu verstehen. Viele Menschen erinnern sich zwar mit Grauen an die Koordinatensysteme ihrer Schulzeit, haben aber die Denkweise von "links unten" nach "rechts oben" doch verinnerlicht.